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Fach-Info

Scharf geknicktes Glas

«Einen engen 90-Grad-Knick in dieser Form gibt es bisher nirgends – die Architekten, die unsere Scheibe gesehen haben, waren hellauf begeistert», sagt Tobias Rist vom deutschen Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM) in Freiburg. Es sei auch möglich, mehrere Scheiben mit aufeinander abgestimmten Biegeradien herzustellen, um diese dann zu Verbund-, Sicherheits- und Isolierglasscheiben zusammenzusetzen.

 

Bisher waren ganz enge Biegeradien nicht möglich. Zudem büsst das Glas bei den üblichen Biegeverfahren oft an optischer Qualität ein, weil zum Beispiel Abdrücke entstehen oder sich das Glas wellt. Solche Probleme umgeht das IWM-Team mit einem Spezialofen: Während des Biegeprozesses wird nicht die gesamte Scheibe so stark erhitzt, dass sie weich wird, sondern nur der Bereich, in dem das Glas gebogen werden soll.

 

Die Forscher heizen also den Ofen auf rund 500 Grad vor und bleiben damit knapp unter der Temperatur, bei der Glas weich wird. Ein zusätzlicher Laser erhitzt dann sehr gezielt nur noch die Biegestelle um wenige Grad. 

 

Das Biegen selber funktioniert mit Schwerkraft: Dazu wird die Glasscheibe so im Ofen platziert, dass sie an der zukünftigen Biegung keinen Kontakt zur Unterlage hat. Erhitzt der Laser in diesem Bereich das Glas, biegt sich die Platte wegen der Schwerkraft von allein nach unten. Und weil nicht die ganze Scheibe bis zum Weichwerden erhitzt wird, entstehen an den Auflagepunkten auch keine Druckstellen.

 

Für das Verfahren sehen die Verantwortlichen neben den Architekturgläsern noch eine Reihe weiterer Anwendungen – etwa das Industriedesign. Das Freiburger Team hat darum grosses Interesse daran, mit Partnern aus der Industrie zusammen zu arbeiten.