Hohe Spannung
Diese zwei gleichen Holzteile berühren sich nicht, sie sind nur mit vier gewöhnlichen Schnüren verbunden und scheinen zu schweben. Trotzdem bildet das Ganze eine stabile Konstruktion, die man auch belasten kann. Dazu sind keine Magnete oder andere unsichtbare Hilfsmittel erforderlich. Der verblüffende Effekt basiert ausschliesslich auf vier richtig platzierten Zugverbindungen.
Schreinertechnisch ist das Modell des Italieners Davide Franceschini nicht anspruchsvoll. Er verleimt zwei auf Gehrung geschnittene Dreieckrahmen. Dann setzt er in der einen Ecke eine schäge Stütze und verschraubt sie stabil mit dem Rahmen. Je eine Schnur verbindet dann die Leistenmitte mit einer Ecke des gegenüberliegenden Dreieckrahmens. Das Gebilde zum Stehen bringt aber erst die vierte Schnur zwischen den beiden schrägen Stützen.
Unter der Bedingung, dass alle Schnüre genau die richtige Länge aufweisen, ist die Tensegrity genannte Konstruktion recht belastbar. So werden stabile Strukturen genannt, deren starre Einzelteile sich nicht berühren, sondern nur durch Zugelemente miteinander verbunden sind. Wohl bekanntestes Beispiel ist das Velorad. Dort wirken die dünnen Speichen als Zugelemente, welche die starren Körper Nabe und Felge verbinden.
In der Architektur ist Tensegrity ein Zukunftsthema. Denn die Konstruktion weist eine erstaunliche Eigenschaft auf: Ihre Tragkraft wächst mit zunehmender Grösse schneller an als das Eigengewicht. Theoretisch sind damit beliebig grosse Gebäude möglich. Wegen der hohen Flexibilität wird daran gearbeitet, Tensegrity mit anderen Tragwerksystemen zu kombinieren.